Die Dokumentation der Arbeitszeit ist ein wichtiges Thema in der Arbeitswelt. Das spiegelt sich im Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Arbeitszeiterfassung wider: Ab September 2022 ist es in Deutschland Pflicht, die Arbeitszeit von Arbeitnehmer:innen aufzuzeichnen. Das Urteil betrifft Arbeitnehmende und Arbeitgebende gleichermaßen und wirft viele Fragen auf. In diesem Artikel gehen wir auf die wichtigsten ein.
1. Welche Arbeitszeiten müssen erfasst werden?
Nach den bisherigen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (§ 16 Abs. 2 ArbZG) waren Arbeitszeiten
– bei einer werktäglichen Beschäftigungszeit von mehr als acht Stunden und
– an Sonn- und Feiertagen aufzuzeichnen.
2. Ist eine Übergangsfrist vorgesehen?
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) fordert ab sofort eine vollständige Aufzeichnung der Arbeitszeiten. Es gibt keine Übergangsfrist und Unternehmen warten besser nicht auf eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes.
3. Welche Informationen müssen erfasst werden?
Solange keine anderen Vorgaben bestehen, sind Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit sowie Pausenzeiten und Überstunden zu erfassen. Dies gilt gleichermaßen für Vollzeitkräfte, Teilzeitkräfte und Aushilfen.
4. Wie sollen die Arbeitszeiten erfasst werden?
Solange es keine konkreten Bestimmungen gibt, entscheiden Unternehmen selbst, in welcher Form sie Arbeitszeiten erfassen. Dies ist handschriftlich oder elektronisch, aber auch über Stechuhren oder Systeme zur Zeiterfassung möglich. Wichtig ist, dass das System Datenschutz, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden gewährleistet.
5. Wie verhält es sich mit der Vertrauensarbeitszeit?
Der Entscheid des BAG bedeutet nicht das Ende der Vertrauensarbeitszeit. Die Arbeitnehmenden haben weiterhin die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit individuell zu gestalten. Vorausgesetzt, sie halten die Vorschriften über Pausen-, Ruhe- und Höchstarbeitszeiten sowie das Verbot zu Sonn- und Feiertagsarbeit ein. Neu ist, dass es bei diesem flexiblen Arbeitszeitmodell ab sofort Pflicht ist, Arbeitszeiten zu erfassen. Im Idealfall kontrollieren Arbeitgebende dies regelmäßig.
6. Was gilt ab sofort in Bezug auf die mobile Arbeit?
Die Zeiterfassung schränkt das mobile Arbeiten nicht ein. Die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes gelten unabhängig vom Arbeitsort, z. B. im Home-Office. Wichtig ist, die Regelungen zur Höchstarbeitszeit und zu den Ruhezeiten einzuhalten.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales plant die Einführung neuer rechtlicher Rahmenbedingungen für mobiles Arbeiten.
7. Können die Mitarbeitenden mit der Arbeitszeiterfassung beauftragt werden?
Gemäß BAG obliegt es den Arbeitgebenden, die Arbeitszeiterfassung an ihre Mitarbeitenden zu delegieren. Dabei reicht es nicht aus, die Arbeitnehmenden zu instruieren und sich zurückzulehnen. Aufgabe der Arbeitgeber:innen ist es, sicherzustellen, dass das System zur Erfassung der Arbeitszeit ordnungsgemäß und fehlerfrei Anwendung findet. Zum Beispiel durch regelmäßige Stichproben.
8. Muss der Betriebsrat einbezogen werden?
Der Betriebsrat verfügt laut § 87 Absatz 1 Nummer 6 Betriebsverfassungsgesetz über ein Mitbestimmungsrecht. Das ermöglicht ihm, die Umsetzung eines gewählten Systems in der Praxis mitzubestimmen. Dies umfasst nicht die Befugnis über die Einführung eines Systems oder die Art des Systems zu entscheiden.
Fazit
Das Urteil des BAG zur Arbeitszeiterfassung hat weitreichende Konsequenzen für Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen in Deutschland. Ab September 2022 ist es verpflichtend, Arbeitszeiten lückenlos zu erfassen, was über die bisherigen Vorgaben des ArbZG hinausgeht. Eine Übergangsfrist gibt es nicht. Unternehmen setzen die neue Regelung möglichst schnell um, anstatt darauf zu warten, dass sich das Arbeitszeitgesetz ändert. Die Art der Erfassung bleibt dem Unternehmen überlassen. Wichtig ist, dass das System Datenschutz, Sicherheit und Gesundheitsschutz garantiert. Vertrauensarbeitszeit und mobiles Arbeiten bleiben bestehen. Es besteht aber die Pflicht, die Arbeitszeiten gemäß den Vorschriften zu erfassen. Betriebsräte haben ein Mitbestimmungsrecht bei der Umsetzung eines Systems.