Unternehmen müssen eine Vielzahl an Dokumenten und Daten aufbewahren, um gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und im Falle von Prüfungen und Audits gerüstet zu sein. Aber welche Aufbewahrungspflichten gelten konkret für Unternehmen und wie lange müssen diese Daten aufbewahrt werden?
In diesem Blogartikel werden wir uns genauer mit diesem Thema auseinandersetzen und einen Überblick über die wichtigsten Aufbewahrungspflichten für Unternehmen geben.
Nach einer kurzen Einführung in das Thema gehen wir auf die gesetzlichen Regelungen ein und schließen mit der praktischen Umsetzung ab.
1. Einführung
Was wird unter Aufbewahrungspflicht verstanden?
Die Aufbewahrungspflicht bezieht sich auf die Pflicht von Unternehmen und Organisationen, bestimmte Unterlagen und Dokumente für einen vorgegebenen Zeitraum sorgfältig und zugänglich aufzubewahren. Diese Pflicht besteht in der Regel aufgrund gesetzlicher Vorschriften und dient dem Schutz von Rechten und Interessen aller Beteiligten. Die Aufbewahrungspflicht betrifft in der Regel Unterlagen, die für die Geschäftstätigkeit, Rechnungslegung und Steuerpflicht relevant sind.
Wer unterliegt der Aufbewahrungspflicht?
Die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen gehört zur steuerlichen und handelsrechtlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht. Daher müssen grundsätzlich alle, die nach Steuer- oder Handelsrecht zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen verpflichtet sind, diese auch ordnungsgemäß aufbewahren.
Die Pflicht zur Aufbewahrung betrifft nicht nur Handelsgesellschaften (GmbH, OHG, KG, AG usw.), sondern auch Gewerbetreibende und Land- und Forstwirte, die bestimmte Gewinn- und Umsatzschwellen überschreiten.
Letzteres gilt für
- Gewerbetreibende, die pro Jahr mehr als 600.000 € Umsatz oder 60.000 € Gewinn erzielen
- Land- und Forstwirte, die einen Gewinn von mehr als 60.000 € im Kalenderjahr erwirtschaften oder eine Nutzfläche mit einem Wirtschaftswert von mehr als 25.000 € besitzen.
Hinweis: Auch Privatpersonen haben in bestimmten Fällen eine zweijährige Aufbewahrungspflicht zu beachten. Dies betrifft Rechnungen, Zahlungsbelege (Kontobelege) oder andere beweiskräftige Geschäftsunterlagen, die sie im Zusammenhang mit Leistungen an einem Grundstück erhalten haben. Darunter fallen unter anderem alle Bauleistungen, planerische Leistungen, Bauüberwachung, Renovierungsarbeiten, Pflanzarbeiten und Gerüstbau. Diese Aufbewahrungspflicht der Privatperson muss das leistende Unternehmen gemäß dem Umsatzsteuergesetz in der Rechnung angeben.
2. Gesetzliche Regelungen
Alle Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen sind in § 147 der Abgabenordnung (AO) geregelt.
Welche Unterlagen unterliegen der Aufbewahrungspflicht und wie lange müssen diese aufbewahrt werden?
Aus steuerlichen Gründen sind alle Geschäftsunterlagen aufzubewahren, die dem Verständnis und der Überprüfung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen dienen (siehe § 147 Abs. 1 AO ).
Achtung: Eine Herausforderung in der täglichen Praxis besteht darin, die Unterlagen korrekt einzuordnen. Denn nicht jeder Beleg ist ein Buchungsbeleg und nicht jeder Brief ein Geschäftsbrief.
Die Aufbewahrungsfrist von Geschäftsunterlagen variiert je nach Art der Dokumente und geltenden gesetzlichen Vorschriften (siehe § 147 Abs. 3 und § 14b Abs. 1 UstG).
Für folgende Unterlagen gilt eine Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren:
- Bücher (bei Kaufleuten Handelsbücher) und Aufzeichnungen,
- Inventare,
- Jahresabschlüsse bestehend aus Bilanz sowie Gewinn-und-Verlust-Rechnung,
- Lageberichte,
- Eröffnungsbilanz,
- die zum Verständnis dieser Unterlagen erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
- Buchungsbelege,
- Unterlagen nach Art. 15 Abs. 1 und Art. 163 des Zollkodex, d. h. solche, die nach den Vorschriften über das Zollverfahren erforderlich sind.
Für alle anderen aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen gilt eine Aufbewahrungsfrist von 6 Jahren. Dazu gehören:
- empfangene Handels- und Geschäftsbriefe,
- Wiedergaben der abgesandten Handels- und Geschäftsbriefe,
- sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.
Hinweis: Ausgenommen von den Aufbewahrungspflichten sind betriebsinterne Aufzeichnungen wie z. B. Kalender oder Arbeits- und Fahrberichte. Diese Dokumente können binnen kurzer Zeit entsorgt werden und müssen nicht eingereicht werden, wenn sie von einem Außenprüfer oder Steuerbeamten angefordert werden.
Die Aufbewahrungsfrist beginnt immer mit dem Ende des Kalenderjahrs, in dem die letzten Eintragungen, Änderungen oder Handlungen in den jeweiligen Unterlagen erfolgten bzw. die letzten Handelsbriefe empfangen oder versandt wurden.
Achtung: Bei Verträgen wie z. B. Sozialversicherungsverträgen oder Mietverträgen beginnt die Frist erst nach dem Ende der Vertragsdauer.
3. Umsetzung in der Praxis
Wo und in welcher Form müssen Geschäftsunterlagen aufbewahrt werden?
Die steuerlichen Vorschriften (§ 146 Abs. 2 AO) verlangen, dass Unterlagen grundsätzlich in Deutschland aufbewahrt werden. Das Handelsgesetzbuch gibt zwar keinen festen Aufbewahrungsort vor, allerdings müssen die Unterlagen jederzeit zugänglich sein (§ 239 Abs. 4 HGB). Gemäß § 146 Abs. 2a AO ist es jedoch unter bestimmten Bedingungen möglich, Bücher und elektronische Aufzeichnungen auch innerhalb der EU elektronisch zu führen und aufzubewahren.
Wenn es um die Aufbewahrung von Rechnungen geht, müssen Unternehmen mit Sitz in Deutschland alle Rechnungen auch im Inland aufbewahren. Bei einer elektronischen Aufbewahrung, die eine vollständige Fernabfrage aller Daten ermöglicht, dürfen die Rechnungen allerdings auch außerhalb Deutschlands aufbewahrt werden. Das Finanzamt muss in diesem Fall darüber informiert werden.
Geschäftsunterlagen müssen in einer Form aufbewahrt werden, die eine sichere, dauerhafte und jederzeit zugängliche Archivierung sowie eine Lesbarkeit während der gesamten Aufbewahrungszeit gewährleistet. Dies kann abhängig vom jeweiligen Dokument in Papierform oder als elektronische Kopie erfolgen.
Unterlagen in Papierform gilt es insbesondere vor Wasser bzw. Feuchtigkeit, Feuer und anderen Gefahren sowie vor unbefugtem Zugriff zu schützen, z. B. mithilfe eines abschließbaren Aktenschranks.
Achtung: Handhabung von Thermobelegen (Bewirtungsbelege oder Tankquittungen)
Kassenbons aus Thermopapier werden häufig in Restaurants oder an Tankstellen ausgegeben. Problematisch ist dabei, dass diese schnell verblassen und bereits nach einigen Monaten kaum noch lesbar sind. Daher empfiehlt es sich, diese Belege zu kopieren, solange sie noch lesbar sind oder einzuscannen und digital aufzubewahren.
Für die elektronische Aufbewahrung wurden die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff”, kurz GoBD, herausgegeben. Diese schreiben eine revisionssichere Archivierung vor, bei der die Unterlagen nachprüfbar, vollständig, richtig, nachvollziehbar, unveränderbar und jederzeit verfügbar aufbewahrt werden.
Die unterschiedlichen Geschäftsunterlagen müssen wie folgt aufbewahrt werden:
- Jahresabschlüsse und Eröffnungsbilanzen sind im Original zu archivieren.
- Handels- und Geschäftsbriefe sowie Buchungsbelege müssen so archiviert werden, dass ihre Wiedergabe bildlich mit dem Original übereinstimmt (z. B. Übertragung auf ein Speichermedium).
- Bei allen weiteren aufbewahrungspflichtigen Unterlagen ist eine inhaltliche Wiedergabe
Hinweis: Steuerrechtlich relevante und zugleich originär digitale Unterlagen bedürfen der Aufbewahrung in einer maschinell auswertbaren Form. Das bedeutet, für solche Unterlagen reicht die bildliche Wiedergabe auf Papier, Mikrofilm oder als Image in einem optischen Archiv allein nicht aus.
Welche Sanktionen drohen bei Verletzung der Aufbewahrungspflicht?
Wer Unterlagen, die aufbewahrt werden müssen, vor Fristablauf vernichtet oder unbrauchbar macht, begeht eine Verletzung der Buchführungspflicht gemäß § 140 bis § 148 AO. Hierdurch kann ein Gericht eine Steuergefährdung oder gar Steuerhinterziehung erkennen, was eine hohe Geld- oder sogar Freiheitsstrafe nach sich ziehen kann (§ 283b Abs. 1 Nr. 2 StGB, § 274 StGB, § 370 AO). Sollten die Unterlagen jedoch durch höhere Gewalt wie einem Hochwasser zerstört werden, wird der steuerpflichtigen Person keine Schuld angelastet. Vorausgesetzt natürlich, dass sie nicht fahrlässig gehandelt hat.
Fehlen wichtige Unterlagen, kann dies außerdem auch finanzielle Probleme zur Folge haben. Finanzbeamte dürfen nämlich in diesem Fall gemäß § 162 AO Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen mittels Branchenvergleichswerten vornehmen. Dies wiederum kann zu Steuernachzahlungen mit Verzinsung führen.
Fazit
In der heutigen Zeit speichern Unternehmen eine enorme Menge an Daten und Informationen elektronisch. Damit diese den rechtlichen Anforderungen entsprechen und im Bedarfsfall zugänglich sind, ist es wichtig, diese Daten ordnungsgemäß aufzubewahren. Daher gibt es sogenannte Aufbewahrungspflichten für bestimmte Unterlagen und Dokumente wie beispielsweise Jahresabschlüsse und Buchungsbelege. Diese Pflichten regeln zugleich die Aufbewahrungsfristen, d. h. wie lange bestimmte Dokumente aufbewahrt werden müssen. Unternehmen, die gegen geltende Aufbewahrungsfristen verstoßen haben, schlimmstenfalls mit zivil- oder strafrechtlichen Sanktionen zu rechen. Dazu können Geldbußen oder sogar Gefängnisstrafen gehören. Und auch ein Imageschaden ist nicht auszuschließen. Es ist daher wichtig, sich an die geltenden Aufbewahrungsfristen zu halten, um rechtliche Risiken und negative Auswirkungen zu vermeiden.