Die eigene UG (Unternehmergesellschaft) oder GmbH einfach von zu Hause aus gründen? Dank einer Gesetzesänderung ist dies nun seit dem 01. August 2022 möglich.
Die Digitalisierungsrichtlinie macht‘s möglich
Bis vor Kurzem mussten Personen, die in Deutschland gründen wollten, persönlich bei einem Notar vorstellig werden. In Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung, wo Videokonferenzen in der Geschäftswelt längst zum Alltag gehören, wirkt dies jedoch ziemlich überholt.
Das neue Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (,,DiRUG‘‘) 2019/1151/EU vom 5.7.2021 (BGBl. I S. 3338) soll hier Abhilfe schaffen. Demnach mussten die EU-Mitgliedsstaaten eine Online-Gründung von Kapitalgesellschaften bis spätestens 01.08.2022 realisieren. Das Gesetz wurde bereits 2021 verabschiedet und ist nun offiziell Anfang August in Kraft getreten.
Unternehmen und Gründer:innen können bequem vom Büro oder von zu Hause aus eine GmbH oder die bei Start-ups beliebte Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) gründen. All das ist mit nur wenigen Klicks im Internet möglich – ohne dass möglicherweise weit verstreute Gesellschafter:innen persönlich vor einem Notar erscheinen müssen. Dies spart nicht nur Zeit, Mühen und Kosten, es erleichtert zugleich die flexible Gründung (beispielsweise von Start-ups).
Vorerst beschränkt sich diese Möglichkeit nur auf sogenannte Bar-Gründungen. Hierbei erbringen die Gesellschafter:innen das Stammkapital als Bareinlage. Ab 2023 wird es ebenfalls die Möglichkeit der Gründungen mit Sacheinlage geben. Das bedeutet, das Kapital wird nicht in Form von Geld, sondern in Form von Gegenständen wie etwa Fahrzeugen aufgebracht.
Online-Beurkundung durch eine:n Notar:in
Zum Schutz der Gründer:innen sowie des Rechtsverkehrs vor Identitätsbetrug und Geldwäsche ist jedoch auch weiterhin ein:e Notar:in erforderlich – wenn auch nur virtuell. Hierfür muss die Bundesnotarkammer ein besonders gesichertes Videokommunikationssystem zur Verfügung stellen. Private Anbieter wie Zoom oder Skype sind nicht zulässig.
Das System muss sowohl die Kommunikation in Echtzeit als auch die elektronische Übermittlung von Dokumenten und Vertragsentwürfen gewährleisten. Voraussetzung dafür ein deutscher elektronischer Personalausweis, bei dem die Online-Ausweisfunktion freigeschaltet ist.
Über das System erfolgt die Beurkundung aller erforderlichen Willenserklärungen, indem die Unterschriften in Form von qualifizierten elektronischen Signaturen abgegeben werden. Außerdem werden alle notwendigen Beschlüsse gefasst.
Der Ablauf des Verfahrens
Bevor das eigentliche notarielle Verfahren beginnt, müssen Gründende gewisse Vorbereitungen treffen.
Es wird ein PC oder ein Tablet mit Internetzugang und Webcam/Mikro, ein Smartphone mit der Notar-App (für Android oder iOS) und ein Personalausweis benötigt.
Hinweis: Falls der Personalausweis vor dem 02.08.2021 ausgestellt wurde, ist zusätzlich der Reisepass notwendig.
Sind alle Voraussetzungen für das Online-Verfahren erfüllt, müssen Gründende noch den Nutzungsbedingungen zustimmen, ehe sie sich im Anschluss registrieren können. Im Zuge der Registrierung wählen die gründenden Personen auch ihre:n Notar:in aus.
WICHTIG: Gründende dürfen sich den/die „Online-Notar:in“ übrigens nicht frei aussuchen. Die Wahl muss stattdessen auf eine notariell arbeitende Person fallen, in deren Amtsbereich sich etwa der künftige Gesellschaftssitz oder der (Wohn-)Sitz eines Gesellschafters bzw. einer Gesellschafterin befindet.
Nun beginnt das tatsächliche Verfahren, für das sich alle Gesellschafter:innen zu Beginn über ein Zwei-Faktor-Verfahren identifizieren müssen (nach § 16 c BeurkG n. F.). Dies geschieht mithilfe der Notar-App. Der Notar bzw. die Notarin liest die Daten aus einem elektronischen Identifikationsmittel aus – einem Ausweisdokument der EU, welches eine eID-Funktion aufweist.
WICHTIG: Seit 2017 verfügen alle neu ausgestellten Personalausweise über eine Online-Ausweisfunktion. Allerdings muss diese vorab einmalig von dem oder der Inhaber:in des Personalausweises aktiviert werden.
Im Anschluss wird das Lichtbild auf dem Ausweis oder Pass elektronisch ausgelesen. Zusätzlich gleicht der Notar oder die Notarin das Lichtbild auf dem Ausweis/Pass mit dem Videobild der beteiligten Personen ab. Anstatt des bisherigen Gründungsprotokolls erstellt die notariell arbeitende Person gem. § 16 b BeurkG n. F. eine elektronische Niederschrift über die Online-Verhandlung. Abschließend wird die elektronische Niederschrift von allen Beteiligten sowie vom Notar bzw. von der Notarin per qualifizierter elektronischer Signatur unterzeichnet (§ 16 b Abs. 4 S. 1 BeurkG n. F.). Der Gründer oder die Gründerin erhält zu diesem Zweck eine SMS-TAN, mit der er oder sie die Unterschrift bestätigen kann.
Der Notar oder die Notarin berät die Gründer:innen im Zuge des Verfahrens auch bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags und prüft deren Geschäftsfähigkeit oder Vertretungsbefugnisse
Hinweis: Ein Erklärvideo der Bundesnotarkammer findet sich hier: Onlineverfahren Notar
Online-Beglaubigung für Handelsregister
Nicht nur die Beurkundung kann in Zukunft online erfolgen. Auch die notarielle Beglaubigung der Handelsregisteranmeldung, welche sich an eine Gesellschaftsgründung anschließt, ist ab sofort im Online-Verfahren durchführbar.
Das Verfahren zur Online-Beglaubigung entspricht im weitesten Sinne der Online-Beurkundung mittels Videokommunikation. Zukünftig ist eine mit einem elektronischen Zeugnis öffentlich beglaubigte qualifizierte elektronische Signatur ausreichend, um eine Eintragung vorzunehmen.
Des Weiteren werden mit dem Gesetz zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (,,DiREG‘‘) ab sofort auch Anmeldungen zum Partnerschafts-, Genossenschafts- und Vereinsregister (Letztere erst ab 01.08.2023) ebenfalls in den Anwendungsbereich des notariellen Online-Beglaubigungsverfahrens einbezogen.
Hier noch einmal die wichtigsten Änderungen zusammengefasst:
- die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags einer GmbH oder UG kann online erfolgen (ab 01.08.2022)
- notarielle Beglaubigungen von Registeranmeldungen (Handels-, Partnerschafts-, Genossenschafts- und Vereinsregister) sind online möglich (ab 01.08.2022, für Vereinsregister erst ab 2023)
- Gesellschafterbeschlüsse, die keiner notariellen Beurkundung bedürfen, wie die Bestellung der Geschäftsführer:innen, können online gefasst werden (ab 01.08.2022)
- Gesellschafterbeschlüsse zur Änderung des Gesellschaftsvertrages oder zur Kapitalerhöhung z. B. können online erfolgen, wenn sie einstimmig sind (ab 01.08.2023)