Unsere Welt ist gegenwärtig sowohl auf gesellschaftlicher als auch wirtschaftlicher Ebene eng verflochten. Es ist also nicht ungewöhnlich, dass immer mehr Unternehmen Geschäfte im Ausland tätigen. Rechnungen zu schreiben gehört dabei zur kaufmännischen Routine im Geschäftsalltag.
Die Rechnungsvorschriften, die es innerhalb Deutschlands zu beachten gilt, sind den meisten bekannt. Wie sieht es jedoch bei Rechnungen ins Ausland aus? Rechnungen, die von dir als unternehmerisch tätige oder selbstständige Person an ausländische Kunden oder Kundinnen gestellt werden, sind an gesonderte Bedingungen geknüpft. Nur so werden sie auch vom Finanzamt anerkannt.
Hast auch du Kunden und Kundinnen in der Schweiz oder den USA und musst zum ersten Mal eine Rechnung ins EU-Ausland oder ein Drittland stellen? Dann bist du hier richtig!
In unserer zweiteiligen Blogreihe erfährst du, welche wesentlichen Regelungen und Gesetze du bei der Rechnungsstellung ins Ausland innerhalb und außerhalb der EU beachten solltest.
Teil 1: Rechnungen schreiben ins EU-Ausland
Teil 2: Rechnungen erstellen ins Nicht-EU-Ausland (Drittländer)
Teil 1: Rechnungen schreiben ins EU-Ausland
Wer zum ersten Mal eine Rechnung an eine Kundin oder einen Kunden in Polen, Spanien oder Frankreich schreibt, dem stellen sich viele Fragen: Wie weise ich die Umsatzsteuer richtig aus? Wie formuliere ich meine Rechnung ins EU-Ausland? Muss ich besondere Rechnungsangaben beachten?
Wenn du Produkte oder Leistungen an eine Kundin oder einen Kunden im EU-Ausland verkaufst, musst du gewisse Regelungen beim Schreiben der Rechnung beachten.
Regelungen
1. Beide sind RegelunternehmerInnen
RegelunternehmerInnen müssen ab dem ersten Monat Umsatzsteuer erheben und monatlich an das Finanzamt entrichten. Sie sind demnach im Besitz einer Umsatzsteuer-ID.
Bist du selbst RegelunternehmerIn und vertreibst deine Produkte bzw. Leistungen an eine/n andere/n RegelunternehmerIn ins EU-Ausland verlagert sich der Leistungsort von dir zu deinem Kunden bzw. deiner Kundin.
Im Normalfall müsstest du nun in dem Land Umsatzsteuer abführen, in dem dein Kunde oder deine Kundin seinen/ihren Hauptsitz hat. Allerdings wäre das ziemlich aufwendig. Daher wurde innerhalb der EU das sogenannte Reverse-Charge-Verfahren eingeführt.
Das Reverse-Charge-Verfahren
Im Zuge des Verfahrens wird die Umsatzsteuerschuldnerschaft einfach umgelegt: Anstelle von dir muss dein Kunde oder deine Kundin die Umsatzsteuer an sein/ihr Finanzamt zahlen. Das heißt, du stellst eine Rechnung ins EU-Ausland ohne Umsatzsteuer aus.
Um das Reverse-Charge-Verfahren durchführen zu können, müssen bestimmte Regelungen eingehalten werden. So muss eine Reverse-Charge Rechnungen unter anderem folgende Angaben beinhalten:
- deine Umsatzsteuer ID
- die Umsatzsteuer ID deines Kunden/deiner Kundin
- den Hinweis „Reverse-Charge Verfahren“ oder ,,Umsatzsteuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers‘‘
Wichtig: Wenn du Umsatzsteuer auf der Rechnung angibst, muss dein Kunde oder deine Kundin zweimal Umsatzsteuer entrichten: einmal an dich und einmal an sein/ihr Finanzamt. Stelle deine Rechnung ins EU-Ausland, daher ohne Umsatzsteuer aus!
2. Du bist RegelunternehmerIn, die kaufende Person aber nicht
Wenn du RegelunternehmerIn bist und deine Leistungen oder Produkte an eine Privatperson oder eine/n KleinunternehmerIn verkaufst, verlagert sich der Leistungsort nicht.
Dein Umsatz unterliegt demnach noch immer in Deutschland der Steuerpflicht. Sprich, du musst auf deinen Rechnungen die deutsche Umsatzsteuer angeben.
Es gibt jedoch noch diverse Sonderregelungen wie z. B.
- Lieferschwelle: Wenn du regelmäßig in ein anderes Land innerhalb der EU Ware versendest und dabei eine jährliche Lieferschwelle erreichst, fallen für dich verschiedene steuerliche Aufgaben (u. a. Umsatzsteuer-Voranmeldung im EU-Ausland) an.
- Mini-One-Stop-Shop Verfahren (MOSS): Wenn du Dienstleistungen in Zusammenhang mit Telekommunikation, Rundfunk, Fernsehen und Elektronik für eine Privatperson im EU-Ausland erstellst, muss auf der Rechnung die jeweilige Umsatzsteuer des Empfängerlandes erwähnt werden. Des Weiteren musst du eine besondere Form der Umsatzsteuer(an)meldung einreichen.
3. Du bist KleinunternehmerIn
Als KleinunternehmerIn entrichtest du keine Umsatzsteuer an das Finanzamt und darfst demnach auch nie Umsatzsteuer auf deiner Rechnung anführen. Diese Regelung gilt auch für Rechnungen, die du an einen Kunden oder eine Kundin im EU-Ausland schreibst. Dabei ist es völlig unerheblich, ob er oder sie RegelunternehmerIn, KleinunternehmerIn oder Privatperson ist.
Das heißt, du stellst für deine Kunden und Kundinnen im EU-Ausland eine ganz gewöhnliche, umsatzsteuerfreie Kleinunternehmerrechnung aus.
Pflichtangaben auf Rechnungen ins EU-Ausland
Normale Rechnungen, die du an einen Kunden oder eine Kundin in Deutschland stellst, müssen gewisse Pflichtangaben enthalten. Für Rechnungen ins EU-Ausland gilt etwas Vergleichbares:
- dein Name und deine Anschrift
- Name und Anschrift deines Kunden/deiner Kundin
- deine Steuernummer
- die Rechnungsnummer
- das Rechnungsdatum
- das Leistungsdatum / Lieferdatum
- Art und Menge der Ware / Leistungsbeschreibung
- Rechnungsbetrag
Wie du siehst, sollte eine Rechnung ins EU-Ausland im Prinzip über dieselben Pflichtangaben verfügen wie eine gewöhnliche Rechnung an eine Kundin oder einen Kunden in Deutschland. Nichtsdestotrotz gibt es gewisse umsatzsteuerrechtliche Besonderheiten (z. B. Reverse-Charge), die zu berücksichtigen sind: Wenn du über eine Leistung abrechnest, die infolge der Grundregel im EU-Ausland steuerbar ist, bist du per EU-Recht zur Angabe weiterer Informationen in der Rechnung verpflichtet. Dazu gehören:
- Umsatzsteueridentifikationsnummer der leistenden Person, sofern diese nicht bereits generell an Stelle der nationalen Steuernummer angegeben wird,
- Umsatzsteueridentifikationsnummer der leistungsempfangenden Person,
- Hinweis auf Umkehr der Steuerschuld. Die verbindliche Formulierung dafür lautet: „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“.
Der Unterschied zwischen Dienstleistungen und Warenlieferungen
Grenzüberschreitende Dienstleistungen
Als dienstleistende Person – FotografIn, HandwerkerIn, Business CoachIn oder IT-FreelancerIn – musst du bei der Rechnungsstellung an einen Kunden oder eine Kundin im EU-Ausland besondere umsatzsteuerliche Regelungen berücksichtigen.
a) Rechnung für Business to Customer (B2C )
Grundsätzlich muss die Umsatzsteuer in dem Land erhoben, in dem sich der Leistungsort befindet. Dies wäre bei dir vornehmlich in Deutschland. Du hast daher die Pflicht, deutsche Umsatzsteuer auf der Rechnung auszuweisen und an das deutsche Finanzamt abzuführen.
Selbiges gilt, wenn dein/e GeschäftspartnerIn im EU-Ausland KleinunternehmerIn oder Privatperson ist.
b) Rechnung für Business to Business (B2B) – innergemeinschaftliche Leistung
Ist dein/e GeschäftspatnerIn im EU-Ausland genau wie du RegelunternehmerIn handelt es sich um eine innergemeinschaftliche Leistung. Somit ändert sich der Leistungsort und die Leistung ist im Empfängerland umsatzsteuerbar.
Da du die Umsatzsteuer im EU-Ausland entrichten müsstest und dies sehr kompliziert ist, greift die Sonderregelung des Reverse-Charge-Verfahren.
Grenzüberschreitende Warenlieferungen
Für den Verkauf und die Lieferung von Waren an Kunden und Kundinnen im EU-Ausland gelten ebenfalls gewisse umsatzsteuerliche Regelungen:
a) Rechnung für Business to Customer (B2C)
Für Lieferungen und Leistungen an KleinunternehmerInnen oder Privatpersonen ins EU-Ausland gilt dasselbe Prinzip: Du stellst die Rechnung mit deutscher Umsatzsteuer aus und führst sie an das deutsche Finanzamt ab.
b) Rechnung für Business to Business (B2B) – innergemeinschaftliche Lieferung
Ist dein/e GeschäftspatnerIn im EU-Ausland wie du auch RegelunternehmerIn handelt es sich um eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung.
Die Lieferung ist umsatzsteuerfrei. Du schreibst die Rechnung ins EU-Ausland ohne Umsatzsteuer und versiehst sie mit dem Hinweis „Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung”. Zusätzlich gibst du deine und die Umsatzsteuer-ID deines Kunden/deiner Kundin an.
WICHTIG: Für innergemeinschaftliche Lieferungen besteht das Finanzamt zusätzlich zur Rechnung auch auf Versandnachweise wie Speditionspapiere oder Empfangsbestätigung von Postdienstleistern.
Der Unterschied zwischen innergemeinschaftlichen Lieferungen und innergemeinschaftlichen Leistungen besteht in der Besteuerung: Bei innergemeinschaftlichen Leistungen kehrt sich die Steuerschuldnerschaft um (Reverse-Charge), während innergemeinschaftliche Lieferungen an sich steuerfrei sind.