Im Auftrag des Digitalverbands Bitkom und des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) wurde erneut eine repräsentative Befragung unter 503 Handwerksbetrieben in Deutschland durchgeführt. Die Studie ergab: Zwei Drittel (68 Prozent) aller Handwerksbetriebe in Deutschland nutzen digitale Technologien und Anwendungen. Das ist deutlich mehr als vor zwei Jahren und beweist, dass Handwerksbetriebe deutlich stärker auf Digitalisierung setzen. Ausschlaggebend dafür war u. a. die Corona-Pandemie. Sie hat bei den teilnehmenden Betrieben für einen starken Schub gesorgt.
Corona als Treiber der Digitalisierung
Im Zuge der Corona-Pandemie hat die Digitalisierung für mehr als die Hälfte (56 Prozent) aller Betriebe an Bedeutung gewonnen. Und nicht nur das: 55 Prozent sagen, dass sie die Existenz ihres Unternehmens sichert.
Infolge dessen haben 30 Prozent der Handwerksbetriebe ihr Angebot um neue Produkte und Dienstleistungen erweitert und 20 Prozent sogar ihr Geschäftsmodell angepasst.
Vor allem der Bereich Cloud-Computing nahm im Vergleich zu 2020 eine stärkere Rolle ein (+ 18 Prozent). Ein deutlicher Aufwärtstrend ist zudem im Hinblick auf die Nutzung von Onlinekommunikation und digitalen Plattformen zu verzeichnen.
Cloud-Technologie am weitesten verbreitet
Cloud-Computing steht nach wie vor an erster Stelle, wenn es um den Einsatz digitaler Technologien im Handwerk geht. 45 Prozent der Handwerker:innen arbeiten mit ihrem Betrieb bereits in der Cloud und 26 Prozent planen darin zu arbeiten. Danach folgen mit deutlichem Abstand Trackingsysteme (15 Prozent), um Maschinen und Betriebsmittel nachzuverfolgen und die vorausschauende Wartung mit 14 Prozent. Letztere ermöglicht mithilfe von Sensoren und Datenanalyse die frühzeitige Erkennung potenzieller Ausfälle von Anlagen.
Sehr gering verbreitet ist der Einsatz von Robotern (6 Prozent) sowie Virtual oder Augmented Reality (3 Prozent). Künstliche Intelligenz spielt aktuell noch so gut wie keine Rolle (1 Prozent).
Quelle: Bitkom/ZDH
Digitale Plattformen auf dem Vormarsch
Digitale Plattformen und ganz besonders soziale Medien gehören für die Mehrheit aller Deutschen zum täglichen Leben dazu. Sie erleichtern potenziellen Kunden und Kundinnen u. a. die Suche nach Informationen oder die Buchung von Terminen.
In den vergangenen zwei Jahren haben Social Media-Plattformen wie Facebook, Instagram oder LinkedIn einen echten Schub bekommen. 4 von 10 Handwerksbetrieben nutzen mittlerweile soziale Netzwerke, um sich zu präsentieren und für sich zu werben. Allerdings muss bei der Nutzung zwischen der Betriebsgröße differenziert werden: So können kleinere Betriebe mit weniger als fünf Mitarbeitenden deutlich weniger Ressourcen dafür aufbringen (29 Prozent) als größere Betriebe (57 Prozent).
Online-Plattformen wie MyHammer und Treatwell werden inzwischen von 22 Prozent der Firmen genutzt, um Aufträge anzunehmen und Termine zu vergeben.
Auch im Bereich E-Mail-/Newsletter-Marketing geht der Trend nach oben: 22 Prozent der Handwerksbetriebe setzen laut Studie darauf.
Nach wie vor unverändert stellt die eigene Webseite die wichtigste Plattform für Handwerksbetriebe dar (97 Prozent).
Quelle: Bitkom/ZDH
Onlinekommunikation gewinnt zunehmend an Bedeutung
Auch wenn die E-Mail das Hauptkommunikationsmittel in den Unternehmen ist (81 Prozent intern, 99 Prozent extern), setzen noch immer 96 Prozent der Betriebe Briefpost und 77 Prozent das Faxgerät ein.
Nichtsdestotrotz sind digitale Tools und Lösungen in der Pandemie deutlich wichtiger geworden. Ob Terminabsprachen oder fachlicher Austausch – Betriebe setzen inzwischen verstärkt auf Online-Meetings und Videotelefonie (Zoom, Skype, GoToMeeting) sowie Messenger-Dienste (WhatsApp, Signal oder Telegram) und Social Media. Sie konnten im Vergleich zu 2020 deutlich an Prozentpunkten zulegen.
Neu hinzugekommen sind außerdem Kollaborationstools wie MS Teams oder Slack, die ein digitales Zusammenarbeiten im Team ermöglichen.
Quelle: Bitkom/ZDH
Erwartungen der Kundschaft werden geschürt
- 97 Prozent der Befragten gab an, dass die Kundschaft eine schnellere Rückmeldung erwartet.
- 82 Prozent der Handwerker:innen gab an, dass die Kundschaft eine schnellere Lieferung erwartet.
- 81 Prozent der Unternehmen gab an, dass die Kundschaft individuellere Angebote erwartet.
- 77 Prozent der Studienteilnehmenden gab an, dass die Kundschaft eine ständige Erreichbarkeit (24/7) auf allen Kanälen erwartet.
Digitalisierung als Chance für das eigene Unternehmen
Die Mehrheit der Unternehmen (83 Prozent) steht dem Thema Digitalisierung generell aufgeschlossen gegenüber. 77 Prozent der Befragten sehen sie als Chance für ihren Betrieb.
Dennoch bewerten Handwerker:innen die Digitalisierung des eigenen Unternehmens im Schnitt nur mit der Schulnote 3,1. Hier gibt es also noch Verbesserungsbedarf. Woran dies zum Teil liegt, hat nach Aussage der Befragten verschiedene Gründe. 81 Prozent empfinden viele digitale Anwendungen als zu überdimensioniert für den eigenen Betrieb, mehr als die Hälfte (54 Prozent) kann sich viele Anwendungen nicht leisten und 48 Prozent haben keinen Überblick darüber, was es alles gibt und was möglich ist. Hier können die Kammern und Verbände noch mehr Unterstützung leisten, indem sie neben Informationsmaterial auch spezifische Schulungen anbieten und Kontakte zu Digitalisierungspartnern herstellen. Aber auch die Förderpolitik muss neu ausgerichtet werden. Handwerksbetriebe wünschen sich u. a. eine bedarfsorientiertere Ausrichtung der Förderprogramme und weniger Bürokratie bei der Beantragung von Fördergeldern.
In erster Linie kommt es aber auch auf die Handwerksunternehmen selbst an: Um wettbewerbsfähig zu bleiben und besser durch die Krise zu kommen, müssen sie den Digitalisierungs-Boost durch die Corona-Pandemie weiterführen und erhalten.