Zum kommenden Jahr 2023 treten diverse rechtliche Änderungen und Entwicklungen für Unternehmen jeglicher Größe, aber auch für Arbeitnehmer:innen in Kraft.
Wir haben die wichtigsten Anpassungen für euch zusammengefasst:
1. Einführung der elektronischen AU-Bescheinigung
Ab Januar 2023 wird das Meldeverfahren zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) auch für Arbeitgeber:innen verpflichtend. Sie können die Arbeitsunfähigkeitsdaten ihrer Beschäftigten dann ausschließlich elektronisch bei den Krankenkassen abrufen.
Der Ablauf ist wie folgt: Wenn sich eine mitarbeitende Person krank meldet, muss der oder die Arbeitgeber:in eine Anfrage nach der eAU an die Krankenkasse senden. Nach Erhalt der Anfrage stellt die Krankenkasse die von der Arztpraxis übermittelten AU-Daten zum Abruf auf einem Kommunikationsserver bereit.
Hinweis: Die eAU betrifft nur Arbeitnehmer:innen der gesetzlichen Krankenkassen. Privatversicherte erhalten die Krankmeldung wie bisher in Papierform und müssen diese bei ihrem/ihrer Arbeitgeber:in einreichen.
2. Inkrafttreten von Preisbremsen für Gas, Fernwärme und Strom
Für Privathaushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen (mit einem Stromverbrauch von bis zu 30.000 kWh / Jahr und einem Gasverbrauch von unter 1,5 Millionen kWh / Jahr) sind ab 2023 finanzielle Entlastungen vorgesehen. Vom 01. März 2023 bis zum 30. April 2023 sollen Preisbremsen für Gas, Strom und Fernwärme greifen. Die Entlastungsbeträge für Januar und Februar werden dabei rückwirkend ebenfalls im März 2023 angerechnet.
Für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs treten folgende staatliche Preisdeckel in Kraft:
- Gaspreis: 12 Cent pro Kilowattstunde
- Strompreis: 40 Cent pro Kilowattstunde
- Fernwärmepreis: sollen 9,5 Cent pro Kilowattstunde
Für die darüber liegenden 20 Prozent fallen die marktüblichen Preise an.
3. Inkrafttreten des deutschen Lieferkettengesetzes
Zum 1. Januar 2023 tritt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Es soll die Einhaltung und Wahrung der Menschenrechte und darüber hinaus gehender ethischer Grundsätze gewährleisten. Das bedeutet Unternehmen müssen dafür Sorge tragen, dass sie nicht mit Lieferfirmen zusammenarbeiten, die
- Menschenrechte missachten,
- Kinderarbeit dulden,
- gegen den Umweltschutz verstoßen oder
- keine ausreichende Arbeitssicherheit für ihre Arbeitskräfte sicherstellen können.
Hinweis: Vorerst richtet sich das Sorgfaltspflichtengesetz an Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden. Ab 2024 betrifft es dann auch Firmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten.
4. Einführung der Mehrweg-Pflicht
Im Zuge des Verpackungsgesetzes (VerpackungsG) wird ab Januar 2023 die Mehrweg-Pflicht im To-go-Bereich eingeführt. Dann müssen Gastronomiebetriebe (Restaurants, Bistros, Cafés, Tankstellen etc.), aber auch Bäckereien, Konditoreien und Metzgereien mit Imbissangeboten ihre Speisen sowohl in Einweg- als auch in Mehrwegverpackungen anbieten. Hierbei gelten folgende Bedingungen:
- Die Mehrwegvariante darf nicht mehr als das Produkt in der Einwegverpackung kosten.
- Für alle Angebotsgrößen eines To-go-Getränks muss es entsprechende Mehrwegbecher geben.
- Die Mehrwegverpackung muss mindestens zu den gleichen Bedingungen angeboten werden wie die Einwegverpackung.
- Die Ausgabe einer Mehrwegverpackung kann an ein Pfand geknüpft sein, das bei der Rückgabe wieder ausgezahlt wird.
Ausnahme: Kleine Betriebe, die maximal fünf Beschäftigte haben und deren Ladenfläche unter 80 Quadratmeter liegen, sind von der Pflicht befreit. Allerdings müssen sie es ihrer Kundschaft ermöglichen, mitgebrachte Behälter zu befüllen.
5. Anpassung der Beitragsbemessungsgrenzen
In der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung gelten ab 01.01.2023 neuen Rechengrößen. Diese werden jährlich an die Einkommensentwicklung angepasst, um die soziale Absicherung stabil zu halten.
Beitragsbemessungsgrenze für die KV
In der gesetzlichen Krankenversicherung steigt die Beitragsbemessungsgrenze bundesweit auf 59.850 Euro im Jahr (4.987,50 Euro monatlich).
Die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG), auch Versicherungspflichtgrenze genannt, wird jährlich auf 66.600 Euro (monatlich 5.550 Euro) festgesetzt.
Hinweis: Wer die JAEG-Grenze überschreitet, ist krankenversicherungsfrei und hat die Wahl zwischen freiwilliger gesetzlicher und privater Krankenversicherung.
Beitragsbemessungsgrenze für die RV
In der allgemeinen Rentenversicherung wird die Beitragsbemessungsgrenze
- auf 7.100 Euro im Monat in den neuen Bundesländern und
- auf 7.300 Euro im Monat in den alten Bundesländern angehoben.
In der knappschaftlichen Rentenversicherung wird diese Einkommensgrenze
- auf 8.700 Euro in den neuen Ländern und
- auf 8.950 Euro in den alten Ländern erhöht.
6. Pflicht zur elektronisch unterstützten Betriebsprüfung
Bisher war sie freiwillig möglich: die elektronisch unterstützte Betriebsprüfung (euBP). Ab Januar 2023 ist sie jedoch per Gesetz für alle vorgeschrieben. Dann führt die Deutsche Rentenversicherung die Betriebsprüfung alle vier Jahre anhand digitalisierter Daten der Entgeltabrechnung durch.
Möglich ist das mit entsprechenden Softwares, die über ein sogenanntes euBP-Modul verfügen. Mit diesem können die Daten elektronisch an die Rentenversicherung übermittelt werden.
Hinweis: Unternehmen haben vorerst noch die Möglichkeit, sich mithilfe eines entsprechenden Antrags bis Ende 2026 befreien zu lassen.
7. Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes
Die EU-Whistleblower-Richtlinie soll zum 01.01.2023 in nationales Recht umgesetzt werden und Whistleblower:innen, die Verstöße gegen das EU-Recht preisgeben, besser vor Sanktionen schützen. Dazu müssen Finanzdienstleister:innen und Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden eine interne Whistleblowing-Meldestelle einrichten. An diese können sich Arbeitnehmende wenden, wenn sie Hinweise zu illegalen Aktivitäten in der Firma weitergeben und öffentlich machen wollen.
Hinweis: Für Betriebe ab 50 Mitarbeitenden gilt vorerst eine Übergangsfrist bis zum 17. Dezember 2023. Wurde die Meldestelle bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingerichtet, droht ein Bußgeld von 20.000 Euro.
Tipp: Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitenden haben die Möglichkeit, sich eine Meldestelle mit anderen Betrieben dieser Größenordnung zu teilen.
8. Pflicht für digitale Arbeitsbescheinigungen
Bereits seit 2014 gibt es den BEA (= Bescheinigungen elektronisch annehmen)-Service der Bundesagentur für Arbeit (BA). Betriebe konnten das Verfahren bisher freiwillig zum elektronischen Versand von Arbeitsbescheinigungen an die BA nutzen. Ab 2023 ist jedoch die digitale Übermittlung für alle Unternehmen unabhängig von ihrer Größe oder Branche verpflichtend. Das digitale Verfahren soll den Datenaustausch mit der BA erleichtern.
Folgende Bescheinigungen können ab 2023 grundsätzlich nur noch digital an die Agentur für Arbeit übermittelt werden:
- Arbeitsbescheinigung
- EU-Arbeitsbescheinigung
- Nebeneinkommensbescheinigung.
9. Erhöhung der Midijob-Grenze
Die letzte Erhöhung der Midijob-Grenze liegt noch gar nicht lange zurück (zuletzt zum 1. Oktober 2022). Dennoch wird sie zum 01. Januar 2023 noch einmal deutlich um 400 Euro angehoben und liegt dann bei 2.000 Euro. Bis zu dieser Einkommensgrenze zahlen Beschäftigte geringere Beiträge in die Sozialversicherungen. Geringverdienende Arbeitnehmer:innen werden damit weiter entlastet, da sie mehr Netto vom Brutto erhalten.
10. Vergabe von Unternehmensnummern
Ab dem 1. Januar 2023 ersetzt die Unternehmensnummer als neues, bundesweit einheitliches Ordnungskennzeichen in der Unfallversicherung die bisherige uneinheitliche Mitgliedsnummer. Mitgliedsbetriebe der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen erhalten dann eine eindeutige Identifikationsnummer, mit deren Hilfe sie Verwaltungsleistungen digital abwickeln können, wie z. B. Sozialversicherungsdaten melden oder UV-Jahresmeldung übermitteln. Im Zuge der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung soll damit der Austausch zwischen den Unternehmen und den Trägern der Unfallversicherung beschleunigt und zu vereinfacht werden.
Übrigens: Die Umstellung erfolgt automatisch, sodass sich Mitgliedsunternehmen nicht extra kümmern müssen. Wer mehrere Unternehmen führt, erhält im Übrigen auch mehrere Unternehmensnummern.
Achtung: Unternehmen sollten die Inhalte trotzdem sorgfältig prüfen!
Betriebe, die mehrere Schreiben von diversen Unfallversicherungsträgern mit verschiedenen Unternehmernummern (die ersten 12 Stellen) erhalten, sollten direkt einen der Träger kontaktieren.
Und sonst?
Einführung des Deutschlandtickets
Im Frühjahr 2023 wird das sogenannte Deutschlandticket eingeführt werden. Es soll im digitalen Abo 49 Euro pro Monat kosten und monatlich kündbar sein. Als Nachfolgeprodukt des 9-Euro-Tickets soll es für bundesweite Fahrten in allen Verkehrsmitteln des Nahverkehrs gelten.
Ein exakter Termin für die Einführung steht bisher nicht fest, soll aber schnellstmöglich festgelegt werden. Denkbar wäre ein Start ab April 2023.
Einführung des Bürgergeldes
Ab dem 01. Januar 2023 werden das Arbeitslosengeld II (auch als auch als Hartz IV bekannt) und das Sozialgeld durch das Bürgergeld ersetzt. Erwerbstätige und bedürftige Menschen erhalten damit ab dem kommenden Jahr höhere Bezüge.
Hier die neuen Regelsätze im Überblick:
- Alleinstehende Personen: 502 Euro
- Eheliche oder nicht eheliche Partner:innen einer Lebensgemeinschaft: 451 Euro
- Kinder im Alter von 14 bis 17 Jahren: 420 Euro
- Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren: 348 Euro
- Kinder im Alter von 0 bis 5 Jahre: 318 Euro
Im Vergleich Hartz-IV-System beinhaltet die Reform außerdem höhere Zuverdienstgrenzen. Die Umsetzung des Bürgergeld-Gesetzes soll in zwei Schritten erfolgen: zum 1. Januar und zum 1. Juli 2023.